Wildvögel | Stadttauben- gefiederte Obdachlose

Eine Rettung, die keine war – Aufreger

An einem Montagmorgen Ende Juli finde ich vor der Tür unserer Berliner Geschäftsstelle ein blaukariertes Handtuch. Nichts Ungewöhnliches für diesen Stadtteil – wird in den Müll gepackt.

Verletzte Taube vor der Geschäftsstelle von aktion tier in Berlin.
Verletzte Taube vor der Geschäftsstelle von aktion tier in Berlin. Foto: privat

Es ist heiß wie an vielen Tagen in diesem Sommer, und ich will schnell noch den Straßenbaum wässern, der vor unserer Berliner Geschäftsstelle am Kaiserdamm steht. Kleiner Schockmoment – an der Baumscheibe liegen viele Taubenfedern und zwei noch mit Knochen verbundene Taubenflügel. Was ist passiert? Hat ein Greifvogel eine der hier lebenden Stadttauben getötet?

Beim Bearbeiten der E-Mails stoße ich dann auf eine Nachricht, die Klarheit bringt. Sie wurde am vorangegangenen Samstag um kurz nach 18 Uhr an uns geschickt und lautete:

Liebes Team von aktion tier!

Wir haben in der Nähe vom Kaiserdamm 14057 Berlin eine verletzte Taube aufgelesen. Ihr rechter Flügel scheint verletzt zu sein. Haben sie, wie auf dem Bild im Anhang zu erkennen ist, bei aktion tier Kaiserdamm abgesetzt. Leider haben alle Tierärzte zu. Wir hoffen sehr, dass die E-Mail so schnell wie möglich gelesen wird! Die Taube lag mitten auf der Straße und hätte dieses vermutlich nicht überlebt. Hoffnungsvoll …

Im Anhang befindet sich tatsächlich ein Foto von einer blauen IKEATüte, die auf dem Boden an der Tür unserer Geschäftsstelle liegt. In der Tüte: ein kariertes Geschirrtuch, eine offene Wasserflasche und eine graugesprenkelte junge Stadttaube.

Ich bin ziemlich sprachlos: Diese Menschen haben tatsächlich den hilflosen Vogel am Samstagabend vor einem geschlossenen Büro abgelegt und sind einfach weggegangen. Obwohl groß an der Tür geschrieben steht, dass die Räume am Wochenende nicht besetzt sind. Wie kann man so naiv sein zu glauben, dass dem Tier nichts passiert, weil man ja eine E-Mail geschrieben hat. Selbst wenn ein Mitarbeiter am Samstagabend die Post kontrolliert hätte und sofort losgefahren wäre, wäre die Hilfe wahrscheinlich zu spät gekommen. Am Kaiserdamm gibt es massenhaft Hunde, Krähen, Greifvögel und, wie überall, Taubenhasser.

Die arme Taube kam ums Leben. Das hätte verhindert werden können, wenn die „Retter“ sie einfach in die Tierklinik nach Düppel gebracht hätten. Dort kann man rund um die Uhr Tiere abgeben. Wer ein verletztes oder hilfloses Tier mitnimmt, übernimmt Verantwortung und ist verpflichtet, sich so lange um dieses Lebewesen zu kümmern, bis es tatsächlich in Sicherheit und in den richtigen Händen ist. Nur dann ist es wirklich eine Tierrettung.

24-Stunden Notdienst

Kleintierklinik der FU Berlin /
Tierklinik Düppel
Oertzenweg 19 b
14163 Berlin

Telefon: +49 30 83862422
Web: www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/kliniken

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.